Wenn es mit dem Kinderwunsch nicht klappt

Buch Franziska Ferber

Gestern abend war mein Sohn (4) außer sich. Er kam müde und überreizt von einem Kindergeburtstag und nichts konnte ich ihm recht machen. Sein Getränk (Wasser) war falsch, seine Schlafanzughose (grau) war falsch, er schmiss sich aufs Sofa und brüllte immer weiter. Ihr kennt solche Momente. Ich habe versucht, nicht auszuflippen, sondern tief durchzuatmen und an Franziska Ferber zu denken. Sie und ihr Mann haben jahrelang mit Hilfe von künstlicher Befruchtung versucht, ein Baby zu bekommen. Vergeblich. Inzwischen hat sie mit ihrem großen Herzenswunsch abgeschlossen und coacht andere Betroffene. Vor ein paar Tagen habe ich mit ihr geredet und ihre Geschichte hat mich wieder mal sehr demütig und dankbar werden lassen. Beeindruckend, wie Franziska ihr Schicksal in etwas Positives verwandelt und sich selbst einen neuen Job geschaffen hat. Ihr gerade erschienenes Buch ist übrigens nicht nur für Kinderwunschpaare lesenswert.

Franziska Ferber

Foto: Lisa-Marie Schmidt

Jahrelang haben Franziska und ihr Mann alles getan, um ein Kind zu bekommen. Hormonbehandlung, Kinderwunschklinik, künstliche Befruchtung. Alles, was in Deutschland möglich ist und was sie vertreten konnten, haben sie versucht. Und jedes Mal die große Traurigkeit erlebt, wenn es doch wieder nicht geklappt hat. Ihrem Umfeld hat sie nichts davon erzählt, nur wenige gute Freunde und Familienmitglieder wussten bescheid von ihrer Sehnsucht, Hoffnung und der wiederkehrenden Enttäuschung.

Als sie eines Tages in ihrer Küche zusammengebrochen ist und auf den Fliesenboden knallte, kam die Wende. Nachdem sie mit Kieferbruch, Blaulicht und Notarzt ins Krankenhaus gefahren wurde, hat das Paar irgendwann für sich entschieden: „Wir hören auf. Wir machen nicht mehr weiter.“ Der Kollaps war wahrscheinlich eine Spätfolge der vielen Hormonbehandlungen und Medikamente.

„Es war sehr schwierig mit unserem Herzenswunsch abzuschließen. Und auch heute habe ich manchmal noch schlechte Tage. Das Thema wird mich mein Leben lang begleiten“, sagt Franziska. Trotzdem hat sie erkannt: „Das Leben kann wunderbar sein, wenn man es schafft, loszulassen.“ Das liest sich so leicht, doch hinter dieser Einstellung steckt harte Arbeit. Geholfen hat ihr auf ihrem Weg vor allem Wertschätzung, Akzeptanz und Dankbarkeit.

Dankbarkeit macht glücklich

„Ich überlege mir jeden Tag aufs Neue, wofür ich dankbar sein kann in meinem Leben“, hat sie mir im Gespräch gesagt. Sie meint damit nicht die großen Dinge, sondern vor allem die kleinen, alltäglichen. Sobald wieder die negativen Gedanken hochkommen, hält sie sich ein imaginäres Stopp-Schild hoch und fragt sich: „Willst du jetzt wieder nur auf den Mangel schauen, auf das was du nicht hast? Oder lieber daran denken, wie reich dein Leben eigentlich ist, auch ohne das Wunschkind?“

Inzwischen hat Franziska aus ihrer Not eine Tugend gemacht. Sie hat sich an einer Akademie zum Coach ausbilden lassen und betreut jetzt unter www.kindersehnsucht.de Frauen und Paare mit Kinderwunsch. „Auch, weil ich damals nach einem Angebot gesucht und nichts Passendes für mich gefunden habe.“ Inzwischen bietet sie sogar den ersten individuellen Online-Coaching-Kurs zum Thema an:  „Mein Kinderwunsch – was tun zwischen Wunsch und Wirklichkeit?!“  http://e-shepherd.de/system/kursanmeldung.php?210 Sie hilft Betroffenen nicht nur mit ihrem ersten, sondern auch beim zweiten, dritten oder vierten Kinderwunsch. Also auch dann, wenn schon ein oder mehrere Kinder da sind. „Für mich macht das keinen Unterschied – Kinderwunsch ist Kinderwunsch; wer sich nicht vollständig fühlt, hat genauso das Recht einen unerfüllten Kinderwunsch zu haben wie jemand, der noch gar kein Kind hat.“

Franziska findet, dass Betroffene in Deutschland – zumindest psychisch allein gelassen werden. „Meine Ärzte waren alle sehr nett und kompetent, aber wenn man sich nicht selber Hilfe sucht, erhält man keine Unterstützung.“

Ein Missstand, denn etwa 6 Millionen Menschen sind hierzulande ungewollt kinderlos. Viele von ihnen können vor allem aus psychischen Gründen nicht die volle Arbeitskraft erbringen und haben nur wenige, mit denen sie über ihr Thema reden wollen oder können. Viele sind verzweifelt, geben sich aber alle Mühe, nach außen den Schein zu wahren und zu funktionieren. Auch Franziska Ferber hat jahrelang funktioniert. Ihren Festanstellung als Unternehmensberaterin hat sie inzwischen gekündigt, heute ist sie selbstständig.

Das Negative ins Positive verwandeln

Ihr Buch „Unsere Glückszahl ist die 2“, das vor wenigen Tagen bei Eden erschienen ist,  ist ihr authentischer Erfahrungsbericht. Ein sehr persönliches Buch, das ihre Erlebnisse in der Kinderwunschklinik, ihre Hoffnungen, Ängste aber vor allem ihren Weg, aus dem Negativen etwas Positives zu machen, sehr gut beschreibt. Ich habe es an vier Abenden durchgelesen und mir hat es nochmal eindrücklich bewusst gemacht, was für ein großes Glück wir Mütter haben. Ein Kind zu haben, ist keine Selbstverständlichkeit, sondern ein großes Geschenk. Wohl das größte, das das Leben uns zu bieten hat. Und das nicht nur, wenn die Sonne scheint und alles prima ist. Sondern auch dann, wenn sich das Geschenk mit wutverzerrtem, hochrotem Gesicht auf die Couch schmeißt und schreiend nach Apfelsaft und der blau-geringelten Schlafanzughose verlangt. Sich das immer wieder bewusst zu machen, hilft. Viele Menschen würden alles geben, um so einen kleinen Wutzwerg bei sich zu Hause zu haben.

 

8 Gedanken zu “Wenn es mit dem Kinderwunsch nicht klappt

  1. Liebe Christina, was für ein schöner Beitrag! Mich beeindruckt immer, wenn Menschen aus einer für sie kummervollen Situation etwas machen, was anderen hilfreich ist. Ich ziehe den Hut vor Franziska und freue mich mit dir über den Wutzwerg. Liebe Grüße, Uta

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  2. Ich lese das hier und hab Tränen in den Augen. Zwar habe ich ein wunderbares Geschenk, aber ein zweites hat sich wieder und wieder verabschiedet bzw. gar nicht erst auf den Weg gemacht. Ich habe lange Wege hinter mir und muss jetzt wohl auch Abschied nehmen vom Wunsch nach erneutem Glück. Das erste Glück ist zeitgleich mitten in der Trotzhochphase und lässt mich selten, ganz ganz selten, für einen klitzekleinen Moment am Wunsch nach zweitem Glück zweifeln, aber immer sofort kommt das Wissen zurück, was für ein unglaublich großes Wunder da gerade meine Contenance erprobt… Danke für diesen Artikel und die kleine Ablenkung! Das Buch werde ich mir bestellen…

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    • Liebe Wunderkind-Mum, deine Worte berühren mich sehr. Ich wünsche dir ganz viel Glück auf deinem Weg, und drücke die Daumen, dass es mit dem zweiten Wunder doch noch klappt. Und falls nicht, dass ihr irgendwann, wenn ihr dazu bereit seid, in Frieden abschließen könnt mit eurem Wunsch. Fühl dich gedrückt, auch wenn wir uns nicht kennen. Christina

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  3. Vielen lieben Dank, liebe Christina für diesen Beitrag… und Euch allen für die netten Kommentare! Ich freue mich wirklich arg darüber – denn es gehörte für mich schon auch Mut dazu, dieses Buch zu schreiben. Diese Rückmeldungen sagen mir, dass der Mut gut investiert war. Danke Euch allen!!!! Franziska (von „Unsere Glückszahl ist die Zwei“)

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    • Ich finde es toll, dass du so mutig warst. Über das Thema wird immer noch viel zu wenig gesprochen. Dein Buch trägt dazu bei, das zu ändern. Viel Erfolg dir weiterhin! Christina

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    • Das ist prima! Euer Verlag macht wirklich gute Bücher mit spannenden, lebensnahen Themen. Vor kurzem habe ich „Meine Sonne, mein Mond, meine Sterne“ gelesen. Ein Buch, in dem eine etwa 35-Jährige über das Scheitern ihrer zwölfjährigen Beziehung schreibt und über ihren schwierigen Neuanfang nach der großen Liebe. Ebenfalls lesenswert. Grüße, Christina

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