Vor ein paar Tagen durfte ich für meine Arbeit Timon und seine Familie durch Efteling begleiten, den größten holländischen Freizeitpark. Timon ist 13 Jahre alt und sitzt im Rollstohl. Er war vorher noch nie in einem Vergnügungspark, denn für Rollifahrer ist das oft kein wirkliches Vergnügen. In vielen deutschen Freizeitparks gibt es kaum barrierefreie Toiletten, Restaurants oder Fahrgeschäfte. In den Niederlanden ist das anders. Hier kommen Timons Tipps für einen Tag in Efteling mit dem Rolli.
Tipp 1: Droomvlucht
Als erstes haben wir die Attraktion „Droomvlucht“ ausprobiert, was auf Deutsch „Traumflug“ bedeutet. Hier können Besucher durch das Land der Elfen und Trolle schweben. Die Themenfahrt gehört zu den beliebtesten Attraktionen des Freizeitparks. Seit April 2018 ist sie auch für Gäste mit Behinderung zugänglich. Moderne Technologien ermöglichen einen virtuellen „Traumflug“, bei dem der Gast im Rollstuhl im Nebenraum genau das sieht, fühlt, hört und riecht, was seine Freunde oder Familienmitglieder im selben Moment innerhalb der Attraktion wahrnehmen.
Fahrgeschäft mit VR-Brille
Timon war mit seinem Vater also in Nebenraum des Fahrgeschäfts. Dort haben beide eine Virtual-Reality-Brille angezogen haben. Zur gleichen Zeit ist seine Mutter in den Wagen des Fahrgeschäfts gestiegen. Über Kopfhörer und Mikrofon war sie mit ihrem Sohn verbunden. Alle sehen also gleichzeitig den sprechenden Baum, die Elfen, die vielen Blumen und andere Fantasie-Wesen. „Wow, ich mag Virtual-Reality“, sagte Timon während der VR-Simulation. Die Attraktion hat ihm Spaß gemacht. „Am Ende wurde mir sogar fast ein bisschen schwindelig“, sagte er rückblickend. Vom Freizeitpark heißt es: „Während Virtual Reality oft ein individuelles Erlebnis ist, bietet Efteling ein Gruppenerlebnis – das ist bisher einzigartig in der Freizeitbranche.“
Ein Praktikant hatte die Idee dazu
Die Idee zu dem barrierefreien Zugang hatte übrigens ein Praktikant. Freek Teunen absolvierte vor zwei Jahren ein Praktikum in Efteling und fand: „Durch digitale Entwicklungen ist heutzutage so viel möglich. Ich fragte mich, warum es in der Themenfahrt noch keine Alternative für körperlich beeinträchtigte Gäste gibt.“ Teunen erarbeitete ein Konzept, das die Geschäftsführung überzeugte. Auf der Efteling-Homepage gibt es Videos, die den genauen Zugang und Ablauf von Droomvlucht für Rollstuhlfahrer erklären. Den Link findet ihr hier.
Tipp 2: Symbolica
Danach ging es weiter zur nächsten Attraktion: Symbolica. Bei diesem Fahrgeschäft geht es in die „Welt der Fantasie“. Für Rollstuhlfahrer gibt es einen eigenen Eingang. Sie klingeln am Tor links neben dem Ausgang und werden dann vom Personal hinein gelassen. Timon musste seinen Rollstuhl kurz verlassen, um in das Fahrgeschäft einzusteigen. Die runden Gondeln sind für bis zu 6 Personen ausgelegt und scheinen ganz mühelos über einen roten Teppich zu schweben.
Während der Tour geht es durch verschiedene herrschaftliche und üppig ausgestattete Säle vorbei an Clowns, Zauberern und anderen bunten Fantasie-Wesen. König Pardulfus ist hier genau so zu sehen wie bunt schillernde Schmetterlinge und eine spannende Unterwasserwelt. Das Motto der Attraktion: „Illumina Fantasia“, entdecke deine Fantasie!. Timon sagt: „Mir hat Symbolica gut gefallen, ich fand es schön, dass wir da so gemächlich durchgefahren sind, insgesamt war das klasse!“ Auch für diese Attraktion gibt es ein Video, das Rollstuhlfahrern und ihren Begleitern den genauen Ablauf erklärt: https://www.efteling.com/de/park/attraktionen/symbolica
Insgesamt ist der Park sehr Rollstuhl-freundlich gestaltet. Fast alle Attraktionen haben einen Rollstuhl-Eingang. An 15 Standorten im Park gibt es barrierefreie Toiletten. „Die Wege sind gut geteert, es gibt genug Toiletten und sogar die Restaurants sind barrierefrei“, fasst es Timon seinen ersten Besuch in einem Freizeitpark zusammen. Mittag gegessen haben wir im Snack- und Pastarestaurant Octopus. Auch das Herzstück des Parks, der aufwändig gestaltete Märchenwald, ist komplett mit dem Rollstuhl zugänglich.
Weitere Tipps unter freizeitparkmithandicap.de
Dass ein Ausflug in den Freizeitpark mit Rolli nicht immer einfach ist, weiß auch Christian Kohlheyer. Er betreibt die Webseite freizeitparkmithandicap.de und rät anderen Rollstuhlfahrern: „Als Behinderteneingang kann man oft den regulären Ausgang der Fahrgeschäfts nutzen. Je nach Park gibt es unterschiedliche Regelungen und Anforderungen zur Nutzung der jeweiligen Fahrgeschäfte. Shows sind meist ohne Probleme mit dem Rollstuhl zu erreichen. Während es zum Beispiel in den Niederlanden mit Aufzügen zu den Shows und teilweise kompletter Barrierefreiheit zu den Fahrgeschäften problemlos funktioniert, fehlt es in Deutschland leider noch oft an behindertengerechten Zugängen.“
Begleithunde dürfen mit auf die Attraktionen
Auch aus Timons Erfahrung ist es in den Niederlanden einfacher mit dem Rolli unterwegs zu sein als in Deutschland. „In Schottland und England komme ich ebenfalls fast überall gut durch. Nur bei uns zu Hause ist es oft schwierig.“ Efteling bietet auch einen eigenen Parkplan an, in dem alle Attraktionen mit Rollstuhl-Zugang zusammengefasst sind. Barrierefreie Übernachtungsmöglichkeiten gibt es im hauseigenen Efteling Hotel und im zugehörigen Resort „Loonsche Land“. Auch Begleit- oder Assistenzhunde sind im Park willkommen. Sie dürfen sogar mit auf einige Attraktionen.
Tipp 3: Pagode
Unser nächster Ziel: der riesige schwebende thailändische Tempel. Pagode ist ein Aussichtsturm, der sich dreht und sich langsam durch die Lüfte auf 45 Metern Höhe bewegt. „Ob mein Rolli hier wohl reinpasst?“, hat sich Timon kurz vorher noch gefragt. Dann wurde klar: Kein Problem. Der Rollstuhl passt ohne Probleme zwischen Sitzbank und Gitter des Tempels. Unserem Panoramablick über den größten Freizeitpark der Niederlande stand nichts mehr im Wege. Rollifahrer können hier im Rollstuhl sitzen bleiben, die Attraktion ist für sie über den Ausgang zugänglich. Hier ist der Link zum Video.
Timons Fazit: „Mir hat der Freizeitpark sehr gut gefallen. Er ist nicht vollgestopft mit Attraktionen, sondern übersichtlich und schön und liebevoll gestaltet. Vor allem den eigenen Plan für Rollstuhlfahrer fand ich super. Mein Tipp an andere Rolli-Fahrer: Kommt möglichst nicht zur vollsten Zeit, damit ihr nicht ständig auf Po-Höhe der anderen Besucher seid.“
Hier können sich Rollstuhlfahrer über ihren Besuch in Efteling informieren: https://www.efteling.com/de/park/informationen/besucher-mit-behinderung/entdecke-den-freizeitpark
Und hier gibt es alle Videos über die Attraktionen, die mit Rollstuhl zugänglich sind: https://www.efteling.com/de/park/informationen/besucher-mit-behinderung/entdecke-den-freizeitpark/zuganglichkeit-der-attraktionen-mit-rollstuhl
Und welche Tipps habt ihr für Ausflüge mit dem Rollstuhl?
Schreibt es mir gerne hier unten in die Kommentare.
Christina
Fotos: Levin den Boer